Hartnäckig für die gerechte Sache kämpfen - Zeitzeugengespräch mit Reinhard Strecker im Wahlkreisbüro von Dr. Ute Finckh

22.11.2016

Im Ausland wird die Art und Weise, besonders die Offenheit, mit der in der Bundesrepublik Deutschland die eigene jüngere Vergangenheit aufgearbeitet wird, gelobt. Willy Brandts Kniefall in Warschau oder François Mitterrand und Helmut Kohl Hand in Hand in Verdun sind als symbolische Gesten dieser Aufarbeitungs- und Versöhnungspolitik weltweit bekannt geworden.
Ein solches Geschichtsverständnis war jedoch nicht immer eine Selbstverständlichkeit, sondern musste im Deutschland der 1950er und 1960er Jahre teilweise hart erkämpft werden. Reinhard Strecker hat hart und intensiv für die Auseinandersetzung mit der jüngeren deutschen Vergangenheit gestritten.

Als 14 jähriger selbst aus den Fängen des NS-Staates befreit machte sich Reinhard Strecker die Aufarbeitung der Taten des Nationalsozialismus zum Lebensinhalt. Während seines Studiums initiierte er in Zusammenarbeit u.a. mit dem Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS), damals noch Bestandteil der SPD, eine Ausstellung mit dem Thema "Ungesühnte Nazijustiz". Inhaltlich befasste sich die Ausstellung mit der Sondergerichtsjustiz im NS-Staat. Hier wurden Arbeitsweise, Ablauf und Urteile akribisch recherchiert und den Besuchern eindrücklich vor Augen geführt. Ziel der Ausstellung war jedoch nicht alleine die Auseinandersetzung mit der deutschen Vergangenheit. Reinhard Strecker wollte auf einen aktuellen Misstand hinweisen: Viele Richter und Staatsanwälte, die damals unrechtmäßige Todesurteile ausgesprochen hatten, haben in der Bundesrepublik eine Weiteranstellung erhalten. Hiergegen ging Reinhard Strecker auch juristisch vor, in dem er Strafanzeige gegen zahlreiche Richter stellte. Die Ausstellung stieß sowohl in der Gesellschaft als auch in der Politik auf ein großes Echo. Weitere Ausstellungen wurden in ganz Deutschland sowie in den Niederlanden und in Großbritannien organisiert.

Nicht überall stieß Reinhard Strecker mit seinen Mitstreitern auf Gegenliebe. Die Ausstellung in Gebäuden der Freien Universität Berlin wurde untersagt, mehrere Beteiligte wurden aus der SPD ausgeschlossen. Man versuchte Reinhard Strecker als Handlanger des sozialistischen Ostens zu verunglimpfen. Nach seinem Eintritt in die SPD sah er sich auch innerhalb der Partei Konfrontationen ausgesetzt.

Lange musste Reinhard Strecker auf die gebührende Anerkennung seiner Tätigkeiten warten. Im vergangenen Jahr würdigte der Parteivorsitzende der SPD, Sigmar Gabriel, Reinhard Streckers parteiliches und gesellschaftliches Engagement. Im gleichen Jahr wurde ihm als Zeichen der Wertschätzung seines Engagements für die Bundesrepublik Deutschland der Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland verliehen.

Um Reinhard Streckers Wirken zu würdigen veranstalteten die beiden Bundestagsabgeordneten Dr. Ute Finckh-Krämer und Mechthild Rawert am 17. November 2016 ein Zeitzeugengespräch im Wahlkreisbüro von Dr. Ute Finckh-Krämer in Steglitz. Neben Reinhard Strecker waren Siegfrid Heimann, ehemaliger Vorsitzender der Historischen Kommission der SPD Berlin, und Dieter Fitterling, Mitglied der Historischen Kommission der SPD Berlin, als Gäste geladen. Reinhard Strecker berichtete ausführlich aus über fünf Jahrzehnten intensiver historischer Arbeit. Dieter Fitterling und Siegfried Heinemann ergänzten die Schilderungen um den parteipolitischen Kontext. Reinhard Streckers Lebensweg zeigt für mich, dass der Kampf für die gerechte Sache, mag er auch beschwerlich sein, sich auszahlt.

Herzliche Grüße
Ihr Andreas Kugler

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